Und so fing das an

Black Betty Ram a Lam

Im September 2015 verbringen wir aus einer Laune heraus ein Wochenende an der Ostsee. Ohne uns vorher um Ziel und Logistik gekümmert zu haben, landen wir auf dem Darß. Elles Skoda Kombi parkt klitzeklein auf einem viel zu großen Premiumcampercampingplatzstellplatz – um uns rum nur Premiumcamper in Premiumwohnmobilen. Es gibt ein Steakhouse, ein asiatisches Restaurant, ein Hallenschwimmbad, einen Supermarktpremiumshop und zur Feier des Tages ein mobiles Spaßmobil mit Premiumentertainment. Der Himmel ist bedeckt, nachts fängt es an zu regnen und wir müssen die Fenster schließen, um den Regen draußen, dafür die Mücken drinnen zu halten. Kreuzlahm und zerstochen liege ich wach und finde es fantastisch.

Eine neue Welt liegt uns zu Füßen. (Wer abkürzen möchte, steigt hier in unsere Reisen ein.)

Camping here we come

Der vielversprechende Auftakt wird in den folgenden Tagen noch getoppt. Auf dem nächsten Platz gibt es Easygoingcamper in easygoingfahrbaren Behausungen. Eingerahmt vom bunten Mix aus Familien, Surfern, Vorgartenzwergen vorm Wohnwagen, Reggae, Dreadlocks, Feinrippunterhemden, Tattoos, Socken in Sandalen, BBQ und Bohnensuppe.

Ohne es wirklich zu planen, formt sich unser Leben nach und nach um und im März haben wir den anscheinend angestrebten Zustand, dass wir dieses Jahr viel Zeit zum Reisen haben werden. Alleine es fehlt die passende Karre. Einen Campingbus zu mieten, macht wieder unflexibel und letztlich immobil, deswegen muss ein eigener her.

Ein Bus ist ein Bus

Die Welt des Gebrauchtwagenhandels ist groß und dunkel. Aber um ins Auenland zu kommen, müssen wir den Weg durch Mordor nehmen. Den einzigen Führer durch diesen Sumpf finde ich zufällig im Internet unter blog.buschecker.de, er wird mein Mentor und Prophet für die nächsten Wochen. Hier die goldenen Regeln:

  1. Es gibt nur einen Bus und sein Name ist VW
  2. Die Baureihen T1 bis T3 sind fantastisch, aber ob ihres Alters schon etwas gebrechlich
  3. Der T5, gebaut ab 2003, ist ein vermurkstes Elend, don't touch
  4. Der Gipfel der Ingenieurskunst ist der T4, davon wiederum die letzte Version

Viele davon gibt es zu kaufen – verhunzte, verrostete, überlackierte, aufgehübschte, kaputte, geschundene – aber auf den Bildern schauen einem alle fröhlich herausgeputzt entgegen. Ich mache mir eine riesige Liste, auf was alles zu achten ist und was man die Verkäufer fragen soll.

Am Ende entscheidet das Karma. Ich sehe die Anzeige und weiß: dieser T4 ist es. Elle ist wenig begeistert, aber ich bin überzeugt und deshalb auch überzeugend. Vielleicht wäre die Entscheidung anders ausgefallen, wäre ich nicht mit Heavy Metal aufgewachsen, mit einer Schwäche für Tand und appelatives Verhalten. Denn unser neues Familienmitglied ist ein kleiner Angeber und gibt sich für sein Alter sehr halbstark. Ein echter Bulli im amerikanischen Sinn des Wortes. Ich sage: "Rock'n'Roll all Night, a Party everyday", Elle sagt: "Oh mein Gott" und möchte den Bullenfänger (ja, den hat er auch) mit Blümchenaufklebern versehen, ich wiederum versuche das zu verhindern.

So laufen unsere ersten Wochen ab: Elle arbeitet daran, ihr Fremdeln zu überwinden – auch ohne Blümchenaufkleber –, ich daran, meinen Argwohn, beim Kauf behumst worden zu sein, zu reduzieren. Behutsam richten wir Rambo mit ausgewählten Details ein – und kommen uns dabei in jeder Hinsicht näher.

Jetzt (am 15. Mai 2016), nach den ersten 3000 gefahren Kilometern, scheint mein Gefühl richtig gewesen zu sein. Er raucht zwar ab und zu, Elle hört verdächtige Geräusche ab und zu, ich habe ständig Diebstahlparanoia und mache mir immer noch Sorgen wegen Allem, aber das Wohnen ist fantastisch, wir sind unterwegs und das Unterwegssein ist noch viel besser als ausgemalt. Think global, travel local, unser momentanes Reisemotto. Wer braucht die Rocky Mountains, wenn er die Alpen vor der Heckklappe hat.

Update 2018: Über 40.000 km später bringt uns der Bus noch immer brav ans Ziel. Okay, es gab die ein oder andere Macke und Zickereien. Rost, Bremsen, Reifen, Klimaanlage kaputt, Startprobleme ab und an und noch ein paar Kleinigkeiten. Aber Rambo ist schließlich mittlerweile ein Senior und dafür doch erstaunlich fit.

Hier noch die Eckdaten von unserem Prolobus:

Model: T4 Multivan (Last edition)
EZ: 2003
PS: 151
Km: 205.000 (Stand April 2016)
Farbe: Pearl Black (muahaha)