Wir ziehen das große Los und wohnen bei der Witwe des Colonels. Ihr Mann ist vor sechs Jahren gestorben, seitdem lebt sie allein in dem sagenumwobenem Haus mitten im Wald, mit einem von zwei Swimmingpools der Gegend. Ein paar der Hippies kennen den Ort bereits, Zeit für uns, ihn auch kennen zu lernen.
Das Haus ist wirklich kaum zu finden, nur ein schmaler Waldweg führt durchs Gehölz, dann steht man unvermittelt am Tor, hinter dem sich Haus und Pool in einem riesigen Garten räkeln. Der Colonel, ehemaliger Militärpilot, war wohl etwas einschüchternd, seine Frau ist das Gegenteil. Adrett, agil und zugewandt. Und Musik(er) begeistert. Wir parken am hübschen Schuppen, lungern am Pool und harren der Dinge, die da kommen.
Zum Beispiel in Form der Sans Soucis, einer vielköpfigen Blaskapelle aus Bordeaux, die der Witwe jedes Jahr zum Festival einen Besuch mit Platzkonzert abstattet, hauptsächlich wegen des Pools nehme ich an. Sie rauschen Auto für Auto an, springen in den Pool, belagern das Haus, giggeln, quatschen, trinken süße Brause und wo sie liegen oder sitzen, hängen sie sich dann auf Kommando ein Instrument um, sobald Chefe das Zeichen dazu gibt.
Ich glaube, es ist die dienstälteste und auch spielfreudigste Combo des Festivals – an jeder Ecke und bis zum bitteren Ende im Morgengrauen anzutreffen – und da immer junge Musiker nachkommen, wird sie vermutlich bis in alle Ewigkeit mit leichter Schräglage blasen. Aber die Witwe ist glücklich und legt ihre Tischdecke aus, auf der ausnahmslos alle Musikerinnen und Musiker, die das Grundstück betreten, mit Bleistift ihre Unterschrift hinterlassen müssen, die sie dann an langen Winterabenden mit bunten Stichen kunstvoll und geduldig nachstickt.
Der musikalische Überfall ist nach exakt zwei Stunden vorüber, mit nassen Badehosen springen alle wieder in die Autos und brausen durch die Kiefern von dannen – im Ort muss man sie schließlich auch wieder hören. Wir schnaufen noch mal eben durch, bevor es zu Patti geht.