Unsere zweite Radtour beginnt einen Hauch professioneller: haben festgestellt, dass die Hüllen unserer geilen Campingstühle (sie sind definitiv die geilsten, weil sie am teuersten waren) ganz exzellent mit ihrem Klettverschluss am Fahrradrahmen zu befestigen sind und wunderbar Wasserflasche und Handtuch beherbergen können. Elle behauptet, sie sind exakt dafür gedacht, Dirk ist nach wie vor stolz, dass er das ohne Anleitung entdeckt hat.
Unsere Freischnauze-nach-Gefühl-und-Sonnenstand geführte Route führt uns bald zu einem kulinarischen Highlight: eine Kirschstraße, eine schier endlose Allee mit voll tragenden Knupperkirschbäumen! Reich von der Natur beschenkt (ein Hoch auf die Pflanzer) setzen wir mit gefüllten Bäuchen unseren hügeligen Kreuz- und Querkurs fort.
Und gerade als es mal wieder ein wenig zu lange aufwärts geht und wir verschwitzt in das nächste menschenleere Örtchen einrollen, taucht rechter Hand ein See auf, mit einladendem Steg, sympathisch ohne "Privat"-Schild, dafür mit kleinem Bänkchen. Libellen parken auf den Brettern, Seerosen dümpeln träge in der Sonne und lassen ihre Blätter schaukeln, das Schilf zappelt leise im Wind. Mitten im Idyll, ganz aus Versehen.
Alles sehr hübsch, aber so langsam kriegen wir Hunger und Durst auf was andres als Wasser. Zudem ist heute Abend Fußball. Das sollte sich doch alles wunderbar vereinen lassen. Blauäugig denken wir an Biergartenbesuch mit Großbildleinwand, Bier und Bratwurst.
Endlose Kilometer und drei-vier (nicht zu kleine) Ortschaften weiter ist uns sehr klar, dass diese Idee vielleicht in Bayern funktioniert hätte, nicht aber in der Uckermark. Es ist menschen- und gasthofleer, hie und da spaziert ein Rentner seinen Dackel Gassi. Von ebensolchem erfahren wir auch, dass es im Umkreis von 25 km verlässlich nichts gibt, und schon gar nichts, was jetzt auf hat. Es ist ja auch schon Sonntag 16:00 Uhr. Wir verkneifen uns die Frage, ob denn der Uckermärker selbst zum Fußballschauen in den hauseigenen Keller geht und kapitulieren. Reichlich ermattet und unterzuckert radeln wir zurück zu Rambo und brausen mit ihm nach Prenzlau. Müßig zu erwähnen, dass auch hier gastronomische Leere gähnt, – die einen Kneipen haben zu, die anderen übertragen keinen Fußball und hätte nicht eine Bedienung beiläufig fallenlassen, dass unten am Mittelturm ne Leinwand steht, wären wir weinend zusammengebrochen.
Aber siehe da, keine 3 Minuten weiter stehen wir vor ebenjener Leinwand, davor 2 Plastikzelte, Bier, Bratwurst, Fleischspieß und bei näherem Hinsehen richtig viele Besucher, die in der dunklen Kirche rechts daneben bei perfektem Ton und Bild das Spiel schauen. Das Spiel läuft nur noch 10 Minuten, egal. Es ist alles an Bevölkerung anwesend, was Prenzlau zu bieten hat, wenige Menschen ohne Tattoo und sämtlich heiter grinsend mit einem Plastikbecher Bier in der Hand.
Versöhnt nehmen wir alles zu uns, was der Grill zu bieten hat, kippen ein Bier – gerade noch rechtzeitig, bevor der Schlusspfiff erfolgt und alles in die Autos springt. Auf der Rückfahrt finden wir uns dann auf einmal doch noch unter sehr vielen Menschen, ein wild hupender Autocorso explodiert in der Stadt – wo waren die nur alle den ganzen Tag?