Naturcamping Rotahult am Åsnen

Das Finden von (guten) Stellplätzen hat ein bisschen was von Kaffeesatzleserei. Man versucht, aus den Bildern, Beschreibungen und Wertungen irgendwie herauszufiltern, was einem gefallen könnte. Mittlerweile liegen wir selten grob daneben, aber ab und zu ziemlich. Der Platz Mjölknabbens Camping, den ich im Auge habe (wir wollen mal wieder – was auch sonst – an einem See stehen), liegt am wunderschönen Åsnen und soll naturnah sein. Das stimmt und er ist eigentlich nicht unhübsch, aber auch straßennah und irgendwie doch nicht das Richtige. Mit uns auf dem Parkplatz stehen zwischen zwei Campern drei sympathische Menschen mit Kaffee in der Hand, Elle quatscht sie an, man zweifelt gemeinsam und tauscht Tipps aus.

Rotahults Naturcamping
Rotahult
360 13 Urshult

Die Drei haben ein ähnliches Empfinden, zudem kommen sie gerade von 'dem perfekten Platz', an dem sie vier Tage alleine direkt am Seeufer gestanden haben (weshalb sie direkte Campernachbarn momentan nur in 200m Entfernung vertragen) und den sie uns wärmsten empfehlen. Allerdings müssten wir wieder eine Stunde genau den Weg zurück, den wir gerade gekommen sind und besonders Elle hat schon gar keine Lust, wieder an Växjö, was wir für die Kartuschenjagd mehrfach umrundet hatten, vorbei zu tuckern.

Mein Plan-B-Platz liegt etwa 20min weiter und den haben unsere neuen Bekannten auch auf dem Zettel. Wir verabreden uns lose und fahren schon mal los. Der Weg führt durch ein hübsches Obstanbaugebiet und da die Sonne noch mal rauskommt, leuchtet es romantisch spätsommerlich durch die Apfelplantagen. Günstige Voraussetzungen also, um über das eine oder andere hinweg zu sehen. Aber selbst, wenn man sämtliche Augen zudrückt, ist auch der nächste Platz nix, zu klein, zu voll und liegt ebenfalls direkt an der Straße.

Plan C lautet: Laune hochhalten und improvisieren. Ein paar Kilometer zurück haben wir ein Schild mit 'Naturcamping' passiert. Den hatte ich im Vorfeld schon abgehakt, aber jetzt kriegt er sein 'Go' und da die Anderen bis jetzt nicht aufgetaucht sind, müssen sie ja auch irgendwo sein. Und richtig, sie waren gleich dort eingebogen, haben sich bereits platziert und die Whiskeygläser ausgepackt. Sehr einladend! Doch auch diesen Platz finde ich nicht so toll – vor allem, da er keinen Strom hat, was für uns eine der Voraussetzungen für heute war, weil wir uns passend zum schlecht angesagten Wetter eigentlich und endlich dem Finalisieren der mitgenommenen Arbeit widmen wollten. Tja, was tun? Should we stay or ...

Gerade als wir entschieden haben, weiter zu fahren, bleiben wir. Es ist ja nicht so, dass man immer und überall unterwegs auf passende Menschen trifft -> das gilt es, zu feiern! Kira, Thorsten und Jan versprechen beste Gesellschaft, das Feuer wird gerade angefacht und nun gibt's auch für uns Whiskey. Und es ist die absolut richtige Entscheidung, denn der Abend wird ausgesprochen kurzweilig und unterhaltsam, wir erfahren Einiges über Offshore Windanlagen, Leben in Prora und Bremerhaven, Kunst im öffentlichen Raum und wohnen auf Zeit in Ottersberg und Buffalo. So geht es Stunden in heiterer Gelassenheit dahin, am Ende ist auch mein Whiskey alle und erst beim Verlassen der Feuerstelle merke ich, wie der Boden schwankt.

Am nächsten Tag gibt es ein ebenso heiteres wie verkatertes Frühstück und wieder die Frage, wohin. Kira und Thorsten müssen zurück, weil sich Kira als Wahlhelferin gemeldet hat, Jan will bleiben und ein Boot mieten, Elle würde wohl auch bleiben, aber ich bin dafür, den empfohlenen Platz anzufahren. Ich muss endlich mit dem „Wimmelbild“ beginnen, wenn wir bleiben, fürchte ich, wird das nichts und der Abgabetermin für die Druckvorlage rückt unangenehm näher. „Falls ihr hinfahrt – wir haben noch Holz und Kohle am Platz gelassen“, sagt Thorsten.

[ab hier Elle] Tja, also wieder, was tun? Mit Tipp nach Tolgs und damit zurück – was wir quasi NIE machen (forward ever backward never, you know) oder ohne Tipp in Fahrtrichtung weiter? Hm, ich würde ja glatt noch einen Tag drüber nachdenken, aber Dirk findet's hier echt nicht dolle. Ich finde wiederum, der Ort hat was, nichts Spezielles, eher das Gegenteil. Der Platz ist im Grunde eine schlichte ovale Wiese mit Seezugang am Ende. Man hat alle und alles im Blick, aber nicht zu nah. An der Einfahrt gibt es ein gelbes Duschhäuschen, näher am Platz die Toiletten und die Spülstation. Es ist alles einfach, aber mit Liebe zum Detail. Die Mitcampenden sind angenehm und unauffällig, es gibt keine weißen Riesen, abends kommt jemand zum Kassieren rum, dann kann man auch Feuerholz kaufen und Paddel für den nächsten Tag bestellen. Es ist schlicht und friedlich.

Aber wir fahren ab, backward!, nach Tolgs. Ich brauche noch die Hälfte der Strecke, bis ich mit der Gegenrichtung klar komme, aber Spoiler: die grummeligen 30 Minuten haben sich gelohnt, die Drei haben nicht zuviel versprochen.

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