Dieses Cinqueterre hat Vorzüge, wir nennen mal 5:
1. Es liegt am Meer, was nicht nur baden gehen ermöglicht, sondern auch Blick, Romantik, Weite, Sehnsucht und so. Der Küstenstreifen mit den 5 kleinen fotogenen Örtchen ist mit Wanderwegen und einer Bahnstrecke verbunden, mit einem Tagesticket kann man beliebig oft zwischen den Dörfern hin und her gondeln.
2. Man kann wandern. Was man wirklich nicht zwingend hier machen müsste, hübsch gelegene Dörfer hin oder her (ich halte aber auch die Amalfiküste für heillos überschätzt), aber als eine Erweiterung des Möglichkeitsraums angenehm ist, wenn das Wetter nicht zum Baden ist oder man mal weg will aus dem Ort. Das Schöne ist zudem, dass die Menge der Menschen verlässlich auf ein paar angepriesenen Hauptwegen herumtapert, während man ein wenig daneben wunderbar allein marschieren kann:
Am Eingang zum Campingplatz beginnen mehrere Wanderwege, und da alle ausnahmslos den Weg an der Steilküste nehmen, wären wir bei dem, der durch's Landesinnere führt alleine, das könne sie garantieren, sagt die Frau am Camping-Check-in. Recht hat sie, der Einzigen, der wir begegnen, ist eine riesige psychedelisch gefärbte Raupe, die sich als ein Exemplar des seltenen Wiener Pfauenauges entpuppt (muss sich natürlich aber erst noch verpuppen – höhö) und zwei herren/damenlose Ziegen, von denen die eine derart verstörende Geräusche von sich gibt, dass es einem Angst und Bange wird. Ansonsten ist alles wie immer, es geht stramm bergauf, Mann strauchelt, es ist heiß und nach einer Stunde sind wir oben und patschnass geschwitzt. Dann geht es auf dem Weg an der Küste zurück, aber auch hier ist wenig los, die Wanderzeit beginnt erst im September, im Moment ist sowieso jeder am Strand.
3. Es gibt viele Campingplätze und in Levanto sogar 4, damit nicht alle auf dem Besten wohnen müssen. Und es gibt ein zufällig beim Wandern entdecktes lustiges B&B mit Hängemattenterrassen und Pool oberhalb des Ortes:
4. Es gibt Levanto, einen Ort, der genau die richtige Größe hat. Nicht so klein, dass man nach 1 Tag alle Restaurants und Cafés besucht hat und die Mittouristen beim Namen kennt. Groß genug, dass es diesen wunderbaren unnützen Markt hat einmal die Woche, wo man auf keinen Fall irgendetwas der völlig unkorrekt hergestellten Produkte kaufen darf, die man eh nicht braucht. Und nicht so groß, als dass es schon diesen unschönen Gürtel außenrum hat, eine Mall, Bürogebäude und zu viel Autoverkehr.
5. Die meisten Mittouristen sind Aktivurlauber, so dass sie tagsüber mit dem Rad wegflitzen, wandern, mit dem Zug die Tagesausflüge in die Dörfer absolvieren oder anderweitig umtriebig sind. Alle anderen, die im Ort und auf dem Platz bleiben, sind gechillt, halten die Klappe, lesen in der Hängematte, trinken Aperitifs und gehen niemandem auf die Nerven. Und tragen die richtigen Strümpfe.