Die Amalfiküste – also der steil abfallende Teil mit den eng an die Felsen gekuschelten Orten – ist schon sehr hübsch und deswegen ein heißbegehrtes Ausflugsziel und Fotomotiv. Vor allem Positano.
Von Pompeji kommend, steuern wir die Halbinsel von Norden an und fahren via Sorrento über die Berge – Sant' Agata sui Due Golfi – auf die Südseite, zu dem berühmten Abschnitt.
Im Meer schaukelt eine Armada von Booten und Jachten und auf der naturbedingt engen, meist oberhalb der Orte entlangführenden Straße, stauen sich die Busse. Um dem Problem Herr zu werden, sind die besonders kniffligen Stellen abwechselnd jeweils nur für eine Spur freigegeben, Ordnungskräfte machen Handzeichen, alles schiebt und drängt, hauptsächlich Asiaten wandern im Gänsemarsch die Straßen entlang und Einheimische auf Motorrollern sausen durch Lücken, die nur sie als solche erkennen.
Hier zu leben ist auf jeden Fall speziell, möchte ich vermuten. Für den 30 km langen Abschnitt brauchen wir fast zwei Stunden ... und es ist Nachsaison. Daher widerstehen wir auch der Versuchung, uns zu Fuß bei den Japanern einzureihen, um die Orte zu erkunden und die schönen Buchten zu sehen. Was wir vom Auto aus ahnen, reicht uns für den Moment – zumindest die Menge an Mensch und Blech. Augen auf und durch.
Das Agriturismo aus 'Fattore Amico' liegt bei Maiori, dem letzten pittoresken Ort der Küstenstraße, links ab und dann immer bergauf, 20 km ins Landesinnere. Wieder zum falschen Zeitpunkt kommen wir an. Die Stellplätze befinden sich unter Kastanienbäumen, die just jetzt geerntet werden, deswegen ist gerade für 10 Tage geschlossen. Ausnahmslos niemand darf auf das Grundstück, um die reifen und herabfallenden Früchte nicht zu schädigen.
Warum wir uns übrigens standhaft weigern, uns vorher anzukündigen, liegt erstens an der Hemmung, am Telefon italienisch zu sprechen, zweitens gehen wir davon aus, dass die Chance, nicht abgewimmelt zu werden, größer ist, wenn man bereits vor der Tür steht.
Hier und heute ist jedoch nichts zu machen, deswegen geht es wieder zurück nach Maiori. Bei Chips und Bier ziehen wir im Strandcafé Plan B (den wir erfahrungsbedingt längst immer haben) aus der Schildkappe. Und – Premiere: zum ersten Mal wird angerufen. Buon giorno (Buona sera), arrivo con uno camper (si), electricity? (si), e mangare? (no) – geht doch.
Elle noch schnell mit Limoneneis betanken, dann geht's los, denn wir haben noch ein paar Meilen vor uns.
Hinter Salerno wird die Fahrt wesentlich entspannter, denn hier fährt kaum noch jemand. Die Küstenstraße ist breit und beidseitig gesäumt von verrammelten Campingplätzen, Bars, Cafés, Hotels, Strandbars ohne Beschäftigung bis zur nächsten Saison, menschenleer und abgeschminkt. Es scheint, als hätte man eine unsichtbare Grenze überschritten, mitten hinein in einen Stephen King Roman. Obwohl nicht tatsächlich bedrohlich, möchte man doch die Knöpfchen an der Tür runterdrücken. Zum ersten Mal bleibt einer beim Bus, während der andere in einem ALDI Double Bier fürs Abendessen besorgt.
Dann ist es nicht mehr weit und während sich nun rechts zwischen Küste und Straße ein Pinienwald auftut, geht es links die Auffahrt zum Stellplatz hinein. Vor uns stehen Carabinieri, neben uns winkt der Besitzer, der im Gegensatz zu seiner Frau (am Telefon) sehr gut deutsch spricht. Willkommen, wir seien wohl die, die angerufen hätten und nein, nix sei passiert, die Carabinieri suchen nur einen Mann, der sei aber woanders. Ah, na dann.
Wir sind die einzigen Gäste auf diesem sehr gepflegten kleinen Campingplatz, das müssen wir ausnutzen und rangieren noch ein wenig hin und her, bis wir millimetergenau die richtige, einzige, optimale Position gefunden haben. Der Besitzer ist in Rente und hat viel Zeit, sich zu kümmern, was man wohltuend spürt, alleine der Umgebung fehlt es an Charme und ich vermute, die meisten Gäste bleiben nur für eine Nacht, um dann weiter ins Cilento zu fahren, und dahin starten auch wir am nächsten Tag.