Asti con Wermut, no Spumante

Leider rückt das Begräbnis von Elles Patenonkel näher – nach meinem Ellenbogenbruch das zweite Ereignis, das in unsere Planung grätscht. Wir verlassen unseren Birnenhorst Richtung Linz mit einem ersten Zwischenstopp in Asti. Asti eigentlich nur, weil mir der Name von früher mit "Spumante" im Ohr klingt und irgendein Aufhänger macht mir die Platzwahl leichter.

Doch jetzt ist der Wurm drin, die Landschaft wird flach und öde, die unbeschwerte Zeit ist vorbei und der Stellplatz in Asti entpuppt sich als zu weit draußen, zu groß und zu hektisch. Jedenfalls liegen wir uns wegen Kleinigkeiten in den Haaren und sind ziemlich bedient, als wir mit dem Bus noch mal in die Innenstadt fahren, weil zu weit zu laufen. Na, das kann ja ein lustiger Abend werden ...

Camping Umberto Cagnil
Str. Valmanera, 152
14100 Asti AT, Italien

Bei schlechter Laune neige ich dazu, den Himmel voll rosa Wolken zu malen: "Die Stadt ist super, wirst sehen, die Leute kommen extra aus New York …“ , na ihr wisst schon. Elle hasst das, aber ich kann’s leider nicht lassen. Diesmal habe ich aber auf wundersame Weise nicht zu viel versprochen, denn wir geraten kurz nach Ankunft in ein kunterbuntes Spektakel.

Der 'Palio di Asti' ist das älteste Stadt-Pferderennen Italiens, erste Erwähnung 1275 und somit älter als das viel bekanntere Rennen von Siena. Es findet Anfang September zu Ehren des Schutzpatrons Astis 'San Secondo' statt und erinnert zudem an den Sieg der Einwohner von Asti und die Einnahme von Alba. Jeder Stadtteil stellt Ross und Reiter, es gibt insgesamt 21 Mannschaften, die Pferde werden ohne Sattel geritten, die Strecke verläuft auf einer Sandbahn um den Piazza Alfieri und das Rennen selbst ist eine todernste Angelegenheit.

Dieses Rennen haben wir leider um ein paar Wochen verpasst, aber heute führt ein Umzug mit allem Zipp und Zapp zum Rathaus, vor dem der Sieger geehrt wird.

Die Stadtteile schicken eine Abordnung, bestehend aus Honoratioren, Fanfaren, Trommlern, Bannerträgern, Gefolge und Fahnenschwingern. Alle sind in aufwändige mittelalterliche Kostüme gepackt, wobei die Fahnenschwinger eine Jahrhunderte alte Choreographie des Werfens, Fangens und Schwingens der riesigen Fahnen zeigen.

Während sie die Hauptstraße an uns vorbei defilieren, rauschen die langen Schleppen der Damen über den Kies und alle 50 Meter bleibt der Zug stehen, die Trommler trommeln, die Fanfaren schmettern und die Fahnenschwinger beginnen ihre Aufführung von Neuem.

Der Abend ist gerettet.

Zudem ist gerade kulinarisches Herbstfest, es gibt Zelte mit Essen und Snacks auf Plätzen, in kleinen Straßen stehen Buden und viele Restaurants in der Innenstadt bieten ihre Spezialitäten als Fingerfood vor dem Lokal an. Und Apéritivo gibt's ohnehin überall.

Der Abend ist wirklich gerettet!

Und es gibt eine große Vermouth Verkostung, die ihren Höhepunkt heute hat. (Dessen Hochburg ist eigentlich Turin, aber das liegt ja gleich um die Ecke). In Deutschland steht die Marke Martini als Synonym für Wermut, (wie 'Tempo' für Papiertaschentücher) und zwar die süße Variante, aber es gibt unzählige Hersteller, Farben und Geschmacksrichtungen. Allen gemein ist eine Weingrundlage, rosso oder bianco, in die Kräuter und Früchte eingelegt werden, welche dann mit Alkohol aufgefüllt und in die gewünschte Stärke gebracht wird. Wir sind schon seit ein paar Jahren Fans, denn ein Spirituosen Laden zu Hause ums Eck, hat eine schöne Auswahl, aber die schiere Menge hier ist doch unerwartet Imposant, das merken wir spätestens, als wir in einen Palazzi-Innenhof stolpern, der einem großen Tasting gewidmet ist –

der Abend ist so was von gerettet.

Asti wäre auch ohne das ganze Beiprogramm sehenswert, aber das trifft meiner Meinung nach auf fast jede italienische Stadt zu, so macht das ganze eine noch bessere Bella Figura.

Selbst unseren Stellplatz finden wir nach der Rückfahrt ganz ok und morgen geht’s ja schon wieder weiter, Brenner here we come, mal wieder.

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