Jetzt ist es also passiert, dem kleinen Rehpinscher hat es vor lauter Aufregung den Magen umgedreht – dumm, dass er dabei auf meinem Schoß sitzt. Dafür heißt er ab jetzt Puke und seine beiden Rehpinscher-Freunde Flummi (ein Welpe, der nur sinnlos auf und ab springen kann) und Giorgio (so halt). Die Drei sind Teil einer besonderen Aufführung auf diesem Bauernhofstellplatz, der zwar nur 5 km landeinwärts, aber in einer anderen Welt liegt. Hier haben die Telefone kein Netz und Wifi gibt es schon mal gar nicht, dafür den Monte Sacro direkt vor der Haustür mit seiner weltberühmten Benediktiner-Abtei aus dem 11. Jahrhundert, deren Ruinen unterhalb des Gipfels im Wald versteckt liegen. Zu ihrer Blütezeit dürften hier über 100 Mönche gelebt haben. Das Kloster war mit seiner großen Bibliothek geistiges Zentrum der Region, wie bei Der Name der Rose nur in lieblicherer Umgebung.
Im Sommer gibt es hier 200 Arten von wilden Orchideen, jetzt im Herbst haben die Ziegen dieses Thema bis zum nächsten Jahr erledigt. Langhaarige, brünette Ziegen, wie frisch aus dem Gard Haarstudio kommend, laufen uns auf dem schmalen Hinweg die Berge hinauf auch als erstes über den Weg, dann ein paar wirklich flinke Schweine, eine bildhübsche, siamkatzenfarbene Kuh, ein paar kastanienbraune Wildpferde und an der letzten Kurve stehen wir vor einem schwarzen Hengst, welcher uns nach kurzem Überlegen den Vortritt zur Einfahrt lässt. Um es vorweg zu nehmen, alle Tiere laufen hier frei übers Gelände mit Ausnahme der Straußendame (zu nervös) und den Hühnern, die presto pronto von den kreisenden Raubvögeln stibitzt werden würden. Als Nächstes werden wir vom Rehpinscher-Dreierpack begrüßt, welche während unseres Aufenthalts gerne auf Tuchfühlung gehen, wenn sie nicht gerade irgend etwas anderem hinterher flitzen müssen.
Beim oben erwähnten Missgeschick sitzen wir nach der Wanderung zum Monte Sacro auf einem Mäuerchen und schauen bei einer Flasche kaltem Bier dem Sonnenuntergang entgegen. Puke hat sich so still wie zufällig neben mich gesetzt und schaut auch in den Sonnenuntergang, langsam rückt er ein Stückchen näher, dann noch etwas und jetzt liegt der Kopf auf meinem Bein. Dieser Hund möchte auf meinen Schoß. Meinetwegen, soll er. Das setzt eine Kettenreaktion in Gang, denn jetzt haben auch die andern beiden spitzbekommen, dass es hier etwas Besonderes zu bestaunen gibt und wollen auch, aber ach, sie sind zu klein und kommen von der tieferliegenden Seite nicht hoch, und Puke ist so stolz, schon oben zu sein und dann ist die Aufregung einfach zu groß, Puke muss brechen und hinterlässt eine unappetitliche Spur auf meiner mühsam von den Kletten befreiten Hose und weil es ihm gleich besser geht (oder er es noch nicht mal gemerkt hat), sind die Drei schon wieder auf und davon.
(Hier sehen wir, wie sich Dirk ohne Hose der Kotztücher entledigen geht. Am Abfalleimer aufgereiht wartet bereits die Pinscher-Gang auf ein neues Abenteuer und deutet Dirks Handzeichen völlig anders. Munter geht es mit zum Bus.)
Seltsamerweise passt es zu dieser wunderbaren Atmosphäre hier, ja es ist fast beruhigend, denn jeder ist hier Herr über seine Zeit und macht, wonach ihm der Sinn steht. Die Schafe mäandern von oben kommend über die erste Weide zum Grasen auf unseren Wiesenstellplatz und man muss höllisch aufpassen, nicht in frische Köddel zu treten, sobald man aus dem Bus steigt, das Pferd sucht im Gegensatz zu den drei Eseln keinen Kontakt, die Esel wiederum wüssten nur zu gerne, was sich im Inneren des Busses befindet und wenn man nicht schnell genug ist, haben sie mit spitzen Lippen schon mal die Abfalltüte inspiziert.
Die Schafe und Lämmer werden von einer jungen großen hübschen blonden Hündin bewacht. Gina, so nenne ich sie, steckt allerdings in einer Bin-ich-Hütehund-oder-nicht-vielleicht-doch-ein-Schaf-Identitätskrise, die Schafe wiederum sind tiefenentspannt und es ist ihnen schnuppe, ob sie bewacht werden oder nicht, wenn Gina uns anbellt, gehen wir nicht weg und die Bäuerin ruft, sie solle die Klappe halten, außerdem hat Puke sich in den Kopf gesetzt, mit ihr Nachwuchs zu zeugen, reicht ihr aber nur bis zu den Knien und lässt sich an ihr Hinterbein geklammert durch die Gegend schleifen. Kurzum, für ihre aufopfernden Mühen und die Pflichterfüllung gibt es keine positive Resonanz und am zweiten Tag hat sie auch die Schnauze voll und bleibt lieber in der Sonne liegen.