Ziegenhof Rösebach am grünen Band

Die Pfingsttage stehen jetzt wirklich kurz bevor, was bei mir final die Alarmglocken läuten lässt, befürchte ich doch, dass alle mit den Hufen scharren und die besten Plätze schon belegt sind – also falls Campen erlaubt wird. „Das wird nichts, selbst wenn, alles voll“, höre ich mich zu Elle sagen, der Satz läuft bei mir in Dauerschleife, die Frau erträgt es stoisch, die Laune hebt es aber nicht gerade. Doch auf einmal kommt Schwung in die Sache. Zwar ist es zeitaufwändig, sich durch Inzidenzwerte und für jedes Bundesland unterschiedliche Vorschriften zu fummeln und viele Gegenden sind noch im Lockdown, aber hier und da könnte schon was gehen ...

Hof Rösebach
Kreuzgasse 7
99830 Treffurt OT Ifta

Und offensichtlich sind alle in Sankt Peter Ording, denn gleich beim zweiten Versuch via Landvergnügen (das wird nix, selbst wenn, viel zu voll) können wir gerne kommen. Und so geht es nicht in die Berge und nicht ans Meer, sondern nach Thüringen.

Der Hof Rösebach in Ifta, in der Nähe von Eisenach, beherbergt 400 Thüringische Bergziegen und liegt 200 m von der ehemaligen innerdeutschen Grenze entfernt. Auch 30 Jahren später scheint es noch immer Zonenrandgebiet zu sein, denn es ist nicht nur nicht voll, sondern menschenleer. Dabei ist die Gegend grandios, sanfte Hügel, blühende Wiesen, alte Buchenwälder und neue Premiumwanderwege, die nicht nur so heißen, sondern tatsächlich premium sind (mit einer derart hohen Highlight-Dichte, dass es einem schon komisch vorkommt).

Außerdem läuft hier direkt das Grüne Band entlang, der renaturierte ehemalige innerdeutsche Grenzstreifen, den man Kilometer um Kilometer folgen kann (auch weil man einmal drauf, kaum wieder runter kommt). 10 min Gehzeit vom Hof entfernt, steht auf einem Hügel ein alter Beobachtungsturm der Grenzsicherung, den die hiesige Feuerwehr zum Picknickgelände erweitert hat. Hier schaut man weit ins Land des ehemaligen Klassenfeindes und ob der Tatsache, dass nur noch wenig von dem immensen Aufwand zeugt, mit dem die Grenze geschützt wurde, kommt man ins Sinnieren, wie unnütz und vergänglich menschliches Streben ist. Glücklicherweise sitzt die Natur auch hier am längeren Hebel und deckt gnädig ihr grünes Mäntelchen drüber.

Wir steigen ehemalige Beobachtungstürme links und rechts der Grenze hoch, lassen den Blick weit ins Land schweifen und essen Ziegenkäse. Nicht mal eine sonst allgegenwärtige Autobahn ist zu hören, dafür ein paar wenige Flieger. Jetzt erst wird mir vollends bewusst, wie sehr ich das alles vermisst habe.

Ein neuer Tag ein, neuer Premiumwanderweg, in neuen Wanderstiefeln. Deshalb erwähnenswert, weil wir bis jetzt ausnahmslos alles in Turnschuhen gegangen sind. Es ist eine Wohltat und Elle muss mir nochmal erklären, warum sie Wanderschuhe für unnötig hielt.

Wieder geht es durch abwechslungsreiche Landschaft, vorbei an Pferdekoppeln, auf denen überromantisch immer ein braunes Pferd und ein Schimmel aufschauen, Greifvögel kreisen am Himmel, die Obstbäume blühen, der Flieder duftet, die Laubwälder sind lichtdurchflutet und es wird drei Tage am Stück nicht regnen. Abends bei der Heimkehr begrüßt uns an der Weide beim Hof eine erwartungsvolle Herde Ziegen mit rassentypischer weißer Gesichtsmaske. Man möchte eine Gitarre hervorholen und ‚Blowing in the Wind‘ singen, oder auch einen Kiss-Song, die Aufmerksamkeit wäre einem gewiss.

Weil wir so nett sind und/oder so viel Käse kaufen, bleiben wir 2 Nächte.

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