Rhein, next try

Der Wunsch, in den Weinbergen mit Blick auf den Rhein zu stehen, endet am nächsten Tag im Hof eines weiteren Weinguts mit Blick auf die Werkstatt. So sei das hier, – fränkische Vierseitenhöfe seien eben von allen Seiten dicht mit nur einem Eingang, – und vor diesem wird gerade mit viel Getöse das Nachbarhaus abgerissen. Aber gut, wir stehen hinten raus bei den Tomaten und das wiederum auch nicht schlecht, trotzdem maulen wir uns an. Vielleicht spüren wir auch nur die bedrückende Leere der Orte jetzt Ende August (alle sind in Urlaub, die Gasthäuser haben geschlossen und Touristen hat es scheinbar keine), bevor Anfang September mit der Weinlese auch das Leben wieder beginnt – mit Kerb, Dorf und Weinfesten.

(Und was wir im Moment erst feststellen: wir haben von diesem Stellplatz komplett gar kein einziges Bild gemacht! Erstaunlich. So dramatisch war die Stimmung eigentlich nicht. Aber irgendwie wohl doch. So beschränkt sich der "Platz-Eintrag" für das Weingut Burghof Oswald mit dem Link zu deren Homepage. Wir haben die ganze Familie kennengelernt, den 18. der Tochter miterlebt und bekamen in den ersten 5 Minuten den Schlüssel zur Toreinfahrt ausgehändigt mitsamt freiem Zugang zum Klo der Ferienwohnung. Und der Wein, den wir dort gekauft haben, ist sehr gut, zum Verfassen dieses Beitrags trinken wir gerade den Grauen Burgunder 2015.)

Kurz nach unserer Ankunft in der Mittagshitze erfahren wir vom Baggersee ganz in der Nähe. Ein Glück, das ist genau das Highlight, welches wir jetzt brauchen. Ein knallvoller Parkplatz ohne Schatten, dann der pure See, vorne Schirme und Kiosk, dahinter der Förderbagger in Arbeit. Mit Sand und Kies wird nicht gespart, dafür gibt es lediglich zwei kleine Büsche, die Schatten spenden und um die sich alle scharen, die nicht sofort verbrennen wollen. Hier liegt man etwas dichter, als man es möchte, kann/muss unfreiwillig allen Gesprächen lauschen bzw. der polyrhythmischen Kakophonie, wenn die unzähligen BoomBoxen (allesamt von Bose, nicht etwa von JBL) volle Pulle gleichzeitig spielen.

So muss Freibad sein, jetzt schnell noch Pommes Schranke und ein Weizenbier runterstürzen und der psychedelische Nachmittag kann seinen Lauf nehmen. Direkt neben uns wird eine riesige Gummiplattform mit Dach und Rückenlehnen für 12 Personen aufgeblasen, der Kompressor übertönt alles (das Foto zeigt leider nicht annähernd die Dichte der Menschen und Geräusche um uns herum) und ich bin sehr neidisch ob der nicht abnehmenden Akkuleistung des Gebläses. 14-Jährige ballern sich Campari, rauchen Kette, bestätigen sich gegenseitig, wie toll die Titten (sorry, O-Ton) von dieser und jener seien und dass sie um 10 Uhr zu Hause sein müssen. Gerade fällt mir auf, dass hier im Gegensatz zum Berliner Umland so gut wie niemand tätowiert ist, da weckt eine junge Frau mit einer riesigen auf die Hüfte gestochen Knarre gleich Heimatgefühle. Später, zurück auf dem Stellplatz, wieder nichts mit guter Laune, es ist wie verhext.

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