Die Siebdruckerin, die vor dem Kloster ihre T-Shirts verkauft, gibt uns den Tipp, zum Wandern nicht hier in der Gegend zu bleiben, sondern nordwestlich in den Suwalki Landscape Park zu fahren. (Übrigens heißt Suwalki eigentlich Suwawki, aber in der Blog-Schrift (!) gibt es das durchgestrichene L nicht, was in jedem dritten Wort im Polnischen steckt und als stimmhaftes w ausgesprochen wird.)
Nachdem es heute erstmals über 30 Grad werden sollen, glaube ich, in einer Landschaft mit Hügeln und Wald besser aufgehoben zu sein als an unserem mäßig schattierten Stellplatz. Wir brechen also auf, wissend, dass sich die aktuelle Gemütlichkeit wohl nicht mehr einstellen wird auf unserer Reise, die nur noch bis Donnerstag dauert. Aber die Klimaanlage und das Kutschieren durch die träge Landschaft tun gut.
Unser Fahrtag ist wieder ein Sonntag, unser Blick nach offenen Supermärkten aber inzwischen ein geschulter, wir finden in Suwalki sogar eine leicht bevölkerte Fußgängerzone. Was an den unzähligen Eisläden liegt, die gut besucht sind. Ansonsten zeichnen sich die Kleinstädte eher durch wenig Personenverkehr aus. Es gibt auch kaum Geschäfte, nur kleine (Skleb) oder große Supermärkte (und Eisläden). Klamotten, Haushaltswaren und andere Dinge scheint man in Einkaufszentren zu shoppen, anders können wir uns die völlige Absenz von Einzelhandel in den Straßen nicht erklären. Selbst in größeren Städten gibt es nur Gastro, und zwar entweder ein Lokal nach dem anderen oder gar keins. Städteplanerisch gewollt oder gewachsene Einkaufs- und Ausgehkultur? Lediglich in zwei-drei Dorfschaften sind uns an der Hauptstraße ein Bäcker, eine Boutique, ein Blumen- oder Haushaltswarenladen begegnet.
Na egal, wir können mühelos den Fokus auf Eisessen stellen.
Bis wir in Turtul ankommen, ist es noch schwüler, wir fahren deswegen an dem reizvollen Plateau mit den vielen Findlingen vorbei – kein Schatten. Der Fußweg zu dem Aussichtsturm in Turtul ist nicht weit, aber selbst das ist sauanstrengend. Der Blick geht in die Weite auf große Getreidefelder und gegenüber auf das mäandernde Flusstal des Czarna Hancza (auf dem wir vorgestern gepaddelt sind), der 3 km weiter in den See 'Hancza' fließt, wohl als Stausee angelegt und der tiefste (maximale Tiefe von 113 Meter) in Polen. Zum Glück kann man ans Flussufer ran und hineinspringen, das macht die Weiterfahrt sehr viel angenehmer – mehr erwandern wir uns dort nämlich nicht, ein Gewitter zieht auf.
Unten an der wie ein See wirkenden Ausbuchtung des Flusses gibt es die Überreste einer ehemaligen Mühle, Sitzgelegenheiten und schön gestaltete Tafeln zu Flora und Fauna. Man kann picknicken, es hat Ambiente, wirkt einladend, hat eine gewisse Großzügigkeit, wie sie uns auch an den mit geräumigen Unterständen, Tischen und Bänken ausgestatteten Wald- und Wanderparkplätzen aufgefallen ist.
Wir kommen spät an im Camp Kikity, fremdeln ein wenig, wollen uns nicht eingewöhnen, die Straße ist zu nah und zu laut, eben nicht mehr so gemütlich, es ist halt schon der Heimweg.