Unheil naht in Gestalt den Pfingstfeiertage. Seit August letzten Jahres gab es kaum Ausfahrten und schon gar keine Übernachtung im Bus. Tatsächlich hat unser Bulli so lange unbenutzt vor der Tür gestanden, dass sich die Batterie gleich zweimal entlud und dann schlussendlich hinüber war. Außerdem hat das Lager der Motorlüfter zu Ostern dauerjaulend darauf hingewiesen, dass es jetzt endgültig ersetzt werden will. Dann fängt auch noch die Zentralverriegelung an, die Türen nach gusto in verschiedenen Kombinationen zu verschließen, oder auch nicht, und die Roststelle am Schweller schaue ich mir erst gar nicht genau an. Man spürt, dass unser Bus so langsam in die Jahre kommt und ich sehe unseren Schrauber öfter als meine Freunde.
Dann endlich, eine Woche vor Pfingsten sind die Umstände günstig: Let‘s go south, auch wenn es erstmal nur nach München geht. Wir besuchen Elles Eltern und stehen somit strategisch günstig, um in die Berge, womöglich sogar bis nach Italien zu reisen, wenn Wetter und nachlassendes Pandemiegeschehen es erlauben.
Wie schockierend fantastisch dann das Gefühl, fertig gepackt aus der Winsstraße zu starten, endlich wieder auf der Straße mit einem Ziel, das weiter entfernt ist als Brandenburg und die Uckermark.
Zum Auftakt besuchen wir Silvia und Helli, damit sich unsere Busse auf der Nation im Juli auch wieder erkennen können. Wie immer gibt es alles rund um Gefieder und andere interessante Dinge zu erkunden. Auch Schrottkunst in Paunzhausen, kulturelle Irritation, aber starker Gestaltungswillen. Als wir uns auf dem Hof hinlegen, wird uns bewusst, dass die letzte Nacht im Bus tatsächlich der 26. August 2020 war, verrückt.
Es zieht sich – sowohl das mit dem besseren Wetter als auch die Lockerung von Auflagen hinsichtlich touristischer Übernachtungen, aber es gibt genug anderes zu erledigen: Grabpflege, Haarpflege, Hellis Eier essen, Kuchen essen, Schnitzel essen, Objektiv benutzen, Ostpark benutzen. Und immerhin Bergblick bei immerhin einem Ausflug mit Volli und Sonja.
Zack, ist ne Woche rum, Dirk ist kurz vor der Depression, ich überfordert von zu viel Arbeit und der Eltern-Partner-eigene-Erwartungs-Balance. Wir lösen das Problem durch Schuhkauf, das hilft Dirk verlässlich und zeitgleich geht es in die Nähe der Berge: Meindl am Waginger See. Dirk braucht unbedingt Wanderschuhe, wenn wir schon nicht nach Österreich können, Seelenfrieden ist nicht logisch.
Die Verkäuferin weiß, was sie tut, daher haben wir beide am Schluss ein Paar an der Kasse stehen. Ich hab ja schließlich auch gern Frieden. Und so viel Spoiler darf hier sein: diese Investition wird uns viel Freude und null Blasen bereiten, wir sind auch immer noch baff.
Beschwingt fahren wir ums Eck zu dem Bauernhof, wo wir vor 45 Jahren die jährlichen Sommerfamilienurlaube verbracht haben, prompt schaut der Sohn aus dem Stall, verrät uns sein neues Seegrundstück zum Kuchenessen, prompt schüttet es, als wir dort ankommen, dennoch bleibt die Laune bis zur Rückkehr nach Neuperlach ungetrübt und mit einem Betthupferl-Schnäpschen läuten wir das Finale bei den Eltern ein, es ist entschieden, wir müssen los. Nach endloser Recherche im Kleingedruckten aller Bundesland-Corona-Reise-Auflagen, haben Dirk und das Wetter entschieden: wir fahren nordwärts, und zwar ans grüne Band nach Ifta.