Was geht?
Es duftet wie in einer Zirbenstub'n, diesen holzvertäfelten "guten Stuben", die man oft in Häusern im Alpenraum findet. Wunderbar aromatisch und einladend. Es duftet deshalb so, weil wir in einem uralten Zirbenwald stehen. Die Wurzeln dieser Kiefernart krallen sich in das Gestein des steilen Abhangs oder haben mit vielen Strängen Steine und Felsvorsprünge umschlungen. Von den Ästen hängen lange Moosflechten, der Boden ist braunbedeckt mit Nadeln und es fällt kaum Licht von oben ein. Selbst das Bächlein, das wir eben von der sonnigen, in voller Blüte stehenden Almwiese kommend überquert haben, gluckert jetzt gedämpft. Genau der Ort für den Auftritt magischer Wesen. Während wir also stehen und staunen, sind sie schon da – in Form von Ameisen. Recht groß sind sie und recht viele. Ich schaue gerade noch fasziniert zu, wie sich einige im Velour meiner Turnschuhe verbeißen, da hat es die erste schon in den Socken geschafft. Elle hat es da besser, sie hat erst gar keine Socken an, sondern Sandalen. Es folgt ein kleiner Tanz, der aber auch ein Freudentanz sein könnte, denn in den letzten Stunden hat die Natur ihre Schatztruhe für uns geöffnet.
Aber der Reihe nach. Nach dem wir vom Ammersee aufbrechen – noch unentschieden, ob es nach Schweden oder Italien geht –, dabei aber feststellen, dass wir beide unabhängig von einander nochmal geschaut hatten, wie sich das Wetter in den Alpen entwickelt und es dann gar nicht mehr so schlecht aussieht wie letzte Woche und Elle Berge und Kühe braucht und ich vor allem meine Ruhe haben will und immer noch die Erinnerung an den Duft und die trocken kühle Luft der Hochalpen von Vent, wo ich vor 40 Jahren im Sommer wandern war im Kopf habe und es auf dem Weg nach Italien liegt, wir aber auf dieser Strecke nicht über den sterbenslangweiligen Brenner müssen und es außerdem nur drei Stündchen Fahrzeit sind, biegen wir nicht links ab Richtung Schweden, sondern rechts Richtung Ötztal.
Hier im Blog gibt es ja bereits einen Beitrag über das winterliche Vent, dieser wird die Sommerversion. Obwohl ich Bedenken hatte, man bekäme coronabedingt nur mit Voranmeldung eine Bleibe, denn Stellplätze gibt es keine und es sei (ist) verboten, auf dem Parkplatz am Ortseingang zu campen oder auch nur zu übernachten, was aber dann doch einige tun, klappt es überraschend prompt. Da es wohl weniger Kurzurlauber gibt als sonst, kriegen wir trotz Wochenende und Kaiserwetter ein, oder vielmehr, das Appartement mit der besten Aussicht im Ort, am Ende des Dorfes gelegen, direkt am Zusammenfluss der beiden Achen mit Gipfelblick. Es hat eine breite Veranda, auf der man fleetzen kann und die Sonne geht genau hier Richtung Rofental unter. Tu Felix Austria. Fängt ja schon mal gut an.